Aufnahmen bearbeiten

Jetzt zu dem wahrscheinlich wichtigsten Teil dieses Tutorials, und zu dem Abschnitt, der die meiste Zeit braucht: Die Nachbearbeitung!

Ein gutes Astrofoto werden Sie so gut wie nie direkt aus der Kamera bekommen. Und mittlerweile habe ich für mich als Faustregel, dass für ein gutes Foto ungefähr doppelt so viel Zeit an Computer verbracht werden muss wie Zeit an der Kamera bei der Aufnahme. Und: Sie sollten schon einen leistungsfähigen Windows PC (Wie bereits gesagt: Die meisten Astro- Fotoprogramme gibt es nicht für den Mac) besitzen. Ein kleiner Laptop mit Pentium Prozessor mag für das Nachbearbeiten von Einzelaufnahmen noch geben, spätestens beim Stacking ist er überlastet. 

Aber keine Angst, in diesem Kapitel werde ich ihnen beides vorstellen: Einfache Nachbearbeitung von Einzelbildern und das Stacking von Reihenaufnahmen. Und mit Einzelbildern kann man auch schon ziemlich eindrucksvolle Ergebnisse erzielen.


Einzelbilder

Fangen wir erst mal einfach an. Sie waren nachts los und haben dieses Einzelbild fotografiert (K-3 mit Sigma 10-20, 10mm, f4, 90 Sekunden belichtet). Man kann schon gut die Milchstraße erkennen.

Eine gut belichtete Einzelaufnahme direkt aus der Kamera


Jetzt öffnen Sie diese mal in der Windows 10 Foto App und drücken "Bild Verbessern" (Achtung: Es gibt mittlerweile mindestens 4 Versionen dieser App, und in jeder ist diese Funktion woanders zu finden). Dann sollten Sie das hier bekommen:

    Milchstraße über einem Feld bei Mittenwalde. Einzelaufnahme (siehe oben), mit Windows 10 Foto-App bearbeitet

    Und mit einem Klick haben Sie ein super Bild! (wenn nicht, helfen Sie ein wenig mit Kontrast und Helligkeit nach). Was ist passiert?

    1. Die App hat den Weißabgleich im Bild so korrigiert, dass der Himmel jetzt neutral schwarz/ grau ist, zumindest in den Bereichen fernab des Horizonts. Die braune Farbe des Himmels im Originalbild kommt von der Straßenbeleuchtung der beiden Städte an Horizont.
    2. Kontrast und Belichtung wurden so korrigiert, dass das Bild klarer wird. Wesentlich mehr Sterne werden sichtbar und die Konturen der Milchstraße treten deutlcih hervor. Im Bild ist sogar der Lagunennebel M8 gut zu erkennen.
    3. Klarheit und Schärfe wurden angepasst.

    Sollten Sie nicht sofort mit dem Ergebnis zufrieden sein, korrigieren Sie manuell nach. Manchmal hilft es auch, das Bild zu speichern und dann nochmal "verbessern" zu drücken.  Probieren Sie es aus, ein gutes Einzelbild zu bekommen ist nicht schwer.


    Reihenaufnahmen und Stacking

    Jetzt die große Frage: Diese Einzelaufnahmen sind ja ganz nett, aber wie mache ich den nächsten Schritt? Was man mit Einzelbildern fotogrfieren kann ist schon toll, aber kann man aus den Bildern noch mehr herausholen? Die Belichtungszeiten für Einzelbilder sind ja irgendwo beschränkt, nach einigen Minuten hat man nur noch ein komplett überbelichtetets, weißes Bild, auf dem keine Details mehr zu erkennen sind. Die Antwort auf dieses Problem heiße "Stacking".

    Was steckt jetzt genau hinter dem Begriff "Stacking"? Im Prinzip geht es darum, durch das Übereinanderlegen von Einzelbildern 

    - Gemeinsamkeiten auf den Bildern zu verstärken
    - und Unterschiede zu eliminieren

    Jeder kennt bestimmt die Situation aus amerikanischen Krimiserien, in der die Ermittler ein verwaschenes Bild einer Überwachungskamera haben, und der Chef ruft "Bild verbessern". Auf wundersame Weise wird das Autonummernschild lesbar oder das Gesicht der Zielperson erkennbar. Und sofort wird hektisch die Fahndung ausgelöst. Technisch ist das leider ziemlicher Blödsinn, es sei denn, dass zur "Bildverbesserung" mehrere Bilder verwendet werden. 

    Sehen wir uns das "Stacking" in der Astrofotgrafie mal näher an.  Dies hier ist eine Aufnahme des Andromeda Nebels M31

      Einzelaufnahme des Andromeda-Nebels (M31). Pentax K-3, 200mm, f3.2, 10 sec, ISO 800

      Auf den ersten Blick denkt man: Super! Mal wieder dunkle Objekte im Tunnel fotografiert, am besten sofort löschen und nochmal versuchen. Aber jetzt kommt das Stacking ins Spiel:  Wenn Sie es richtig gemacht haben, haben Sie mehrere solcher Bilder geschossen, so dass sie auf eine Gesamtbelichtungszeit von mehr als 15 Minuten kommen. Aber:  Passen Sie dabei auf, dass ihnen das Objekt nicht nach rechts aus dem Bildfeld läuft! Normalerweise müssen Sie nach ca. 20 Aufnahmen (bei f=200mm) die Kamera auf dem Stativ ein Stück nach rechts nachschieben.

      Sie sollten jetzt eine solche Aufnahmenreihe haben:

      Aufnahmenreihe des Andromeda-Nebels (121 Einzelbilder)

      Jetzt können wir mit dem Stacking beginnen, aber dazu braucht man erst einmal ein passendes Programm: Für Bilder mit Sternen haben einige Enthusiasten den "Deep Sky Stacker (DSS)" (für Windows, Freeware) programmiert, den man aus dem Internet herunterladen kann. 

      Machen Sie sich für den Anfang nicht so große Gedanken über "Darks", "Flats", "Bias", und sonstige Einstellungen. Laden Sie die Bilder als "Lights" (DSS akzeptiert verschiedene Formate, auch JPG und DNG) in DSS, lassen Sie die Standardeinstellungen wie sie sind und sagen Sie "Bilder registrieren und stacken". DSS wird nun erst einmal die Bilder analysieren und die Sterne "zählen", damit es die Bilder hinterher auch richtig übereinander legen kann. Leichte Verschiebungen von Bild zu Bild werden auf diese Weise auch vom Programm ausgeglichen. Danach wird DSS die Bilder stacken. Je nach zur Verfügung stehender Rechenleistung kann das Ganze mehrere Stunden (!) dauern.

      Am Ende erhalten Sie ein Summenbild "Autosave.tif", was dann irgendwie so aussehen wird:

      "Autosave.tif", Summenbild des Andromedanebels aus dem Deep Sky Stacker

      Für viele ist dieses Summenbild zunächst einmal eine Enttäuschung, da es nicht wesentlich anders aussieht als die Ausgangsbilder. Zudem widersetzt sich das Summenbild im Normalfall auch der Weiterbearbeitung mit den handelsüblichen Tools (Windows Foto App,...), und man bekommt kein gutes Foto als Endprodukt heraus. Also wie geht es weiter?

      Das Problem ist, dass man zwar ein Summenbild erhalten hat, was deutlich mehr Details enthält als die Einzelbilder, aber nicht aufgehellt wurde. Das Summenbild ist noch fast genau so dunkel wie die Einzelbilder. Daher muss das Bild jetzt noch "gestretcht" werden. "Stretching" heisst, dass die die dunklen Bereiche helligkeitsmäßig "auseinadergezogen" werden, während die hellen Bereiche zusammengestaucht werden. Dieses "Stretching" geht z.B. in Fitsworks (ein weiteres Freeware-Programm für die Astrofotografie). Was genau mit den Bildern während des Stackings und Stretchings passiert, hier mal mit den entsprechenden Histogrammen dargestellt.

      "Stacking" und "Stretching" von Deep Sky Bildern mit den entsprechenden Histogrammen

      Zur Erläuterung: Auf einem Histogramm wird die Helligkeitsverteilung der einzelnen Bildpixel dargestellt. Auf der y-Achse ist dabei die Anzahl der Pixel über die Helligkeit auf der x-Achse, von dunkel (links) bis hell (rechts) dargestellt.

      Sehr gute detaillierte Tutorials für die Arbeit mit DSS und das Stretchen findet man auf YouTube, als Beispiele hier einige Links

      https://www.youtube.com/watch?v=ANZ9XwfMhXA
      https://www.youtube.com/watch?v=3RfFvxPNE50&t=33s
      https://www.youtube.com/watch?v=apSv0D4ly04&t=33s

      Das gestretchte Bild läßt sich dann aber mit einer guten Foto App (auch hier wieder der Verweis auf die Windows 10 Foto App) weiterbearbeiten. und am Ende erhält man dann auf tolles Bild des Andromeda-Nebels: 

      Fertig bearbeitetes Bild der Andromes-Galaxie als Stack aus über 100 Einzelaufnahmen. Pentax K-3, Tamron 70-200, f=200mm